→ 18 Babys, 18 Bilder – Junge Welt | 14.09.2020(pdf)
→ Schüller: „Danke. Schade.“ (Doppel-Album) – Deutsche Mugge
Ralph Schüller: Danke. Schade – Gestaltungen als „Fortführung der Poesie im Bildnerischen“
http://lyrikgesellschaft.de/ (Online)
Ralph Schüller_ Danke. Schade – Gestaltungen als „Fortführung der Poesie im Bildnerischen“ – lyrikgesellschaft.de (pdf)
Leipziger Volkszeitung | 01.07.2020
SCHALL. Musikmagazin | Juni 2020
MENSCHENVERBINDENDES
Das Gesamtkunstwerk Ralph Schüller
von Torsten Gränzer | Foto: Jörg Balzer (download des Fotos in Druckqualität mit Klick auf das Foto)
Ralph Schüller ist nicht nur in Wort und Musik, sondern auch bildender Künstler und dies alles findet sich in einem Gesamtkunstwerk, welches dieser Bezeichnung in einer musikverramschenden Streaming-Welt noch gerecht wird. Hier sind also die Liebhaber gefragt, die sich durch die 18 Songs des Doppelalbums im selbstgestalteten Digi-Pack mit 44seitigem Booklet arbeiten und sowohl auf eine textliche, als auch auf eine graphische und musikalische Erlebnisreise begeben dürfen. Die Bilder sind zu den einzelnen Songs entstanden: „Ich habe mir die Texte hingelegt, die Musik angehört und verschiedene Zeichnungen gemacht, die zur Stimmung passten oder Zitate aus den Liedern aufgriffen. Nicht konservativ, so dass auf dem Bild zu sehen ist, was im Text vorkommt. Ich fasse das etwas weiter und somit wird auch das Musikalische erweitert. Mir geht es in den Bildern wie in den Texten darum, nicht eingeschränkt zu sein oder mit dem Holzhammer daherzukommen. Für mich sind die Gestaltungen die Fortführung der Poesie im Bildnerischen…“ beschreibt der in Leipzig lebende Künstler die bis in das Abstrakte führende Gestaltung beider Kunstformen. Der Begriff „Liedermacher“ wird Ralph Schüller zumindest nicht im klassischen Sinne gerecht. Zu umfangreich sind die musikalischen Einflüsse: „Schon als wilder Jugendlicher wurde ich von südamerikanischer Gitarre, Heavy Metal, Udo Jürgens und Schmidtchen Schleicher beeinflusst. Auch durch Folk und Hip Hop, Dylan, Waits, die Poques, einfach alles…“ So gestaltet sich auch sein eigenes Repertoire aus Polka, Folk, einer Prise Disko-Funk und Balladeskem: „Es wird eben, was es wird. Ich will mich mit der Musik nicht selbst langweilen und auf einem Sommerfest genauso gut spielen können, wie in einem kleinen Theater. Und ich will immer wieder etwas darin entdecken können, wie in einem gutem Buch, das man mehrmals lesen muss, auch mit ein paar Jahren Abstand.“ Auf diese Bandbreite sollte das Publikum bei einem Schüller-Konzert eingestellt sein und auch darauf, dass es schon aufgrund seiner Mitstreiter*innen an jedem Tag anders erlebbar sein kann. Neben der „klassischen“ Bandbesetzung aus Drumset, Bass und verschiedenen Gitarren, kommen gerne Akkordeons und Streich- oder Blasinstrumente dazu. Schüller gibt es solo, zu zweit, im Trio oder wahlweise größer. Zu den Aufnahme-Sessions in den Midas-Studios kamen glücklicherweise alle. Zum Beispiel der in Berlin lebende, 76jährige tschechische Jazz-Musiker Joe Kučera am Saxophon, dessen Improvisationen im Zusammenspiel mit der Gitarre von Knut Schwarz in „Ist es nicht so“ zu einer fast psychedelischen Angelegenheit wird. Anton Sterz an der Trompete und am Bass ist Ralph Schüllers Sohn, Sängerin Wencke Wollny ist auch als „Karl die Große“ unterwegs. Posaunistin Antonia Hausmann, Banjospieler Thomas Niedzwetzki, Schlagzeuger Jann van de Kaast, die Bassisten Marcel Winkler und Hendrik Gundlach, Tastenmann Rainer Schön, Violinist Miko Mikulicz und Jana Hagen (Ukulele, Gesang) vervollständigen das Ensemble auf „Danke. Schade.“ Der Pool an Musikern gestaltet sich vor allem aus Kontakten der Leipziger „Liedertour“, einer kulturell anspruchsvolle Non Profit-Veranstaltungsreihe, die vom rührigen Organisator Frank Oberhof – der bei Schüller auch Akkordeon und Metallophon spielt – nun bereits im 30. Jahr vor allem auf Kleinkunst-Bühnen im deutschsprachigen Raum etabliert worden ist. Als sprachliche Prägungen fallen bei Ralph Schüller Namen von Wader bis Wecker und Wenzel bis Gundermann, aber auch Udo Lindenberg wird zitiert. Dabei wird er nicht zum Mahner mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern eher zum Geschichtenerzähler mit einem weiten Interpretationsraum. „Es gibt ein paar klare Statements zur Politik oder zur Liebe, aber eben auch viele Nuancen. Nur schwarz und weiß würde sehr einschränken.“ „Es ist gut“ zum Beispiel ist ein Song, der klares verheißt, wie es die Textzeile „Schreibst du Fotze und Neger und mehr Flugzeugträger in dein verdammtes Niemandsland“ ausdrückt. „Seit fast 5 Jahren haben diese Polarisierungen nach links, rechts und neoliberal große Dimensionen angenommen. Vor dreißig Jahren dachte ich noch, dass hier heute Raumschiffe fliegen würden und wir uns nicht mehr mit diesem Scheiß auseinandersetzen müssen.“ Aber auch hier agiert kein Mahner. „Ich mache keine großen Statements oder Manifeste. Wie kann ich argumentieren, ohne zu sagen, dass ich genau weiß, wie es geht? Auf eine kleine Blume unterm Schnee, auf die könnte man sich verständigen. Ich glaube, es gibt niemanden, der sie nicht als etwas friedliches empfindet, es sei denn, er ist völlig krank.“ Dabei geht Schüller, auch aus Angst, Geschichte könne sich wiederholen, auf die Frustrierten zu und fragt: „Was wollen wir miteinander, was können wir gemeinsam schaffen? Ich trete in Dialog mit denjenigen, in einer freundlichen Weise, aber auch mit einer gewissen Enttäuschung. In der Zeit aber, in der wir miteinander reden, können wir nicht aufeinander schießen…“ Der heute als Graphiker arbeitende Künstler, der während seiner Armee-Zeit, „also an einem dunklen Ort eigentlich“ im Mal- und Zeichenzirkel Freunde kennenlernte, die ihn zum Studium nach Leipzig brachten, erinnert sich auf dem Album gerne an seine Vergangenheit. „Du bist 15“ zeigt eine eindrucksvoll melancholische Welt des Erwachsenwerdens, die sich im Osten und Westen gleich anfühlt: „… du hast nichts zu verlieren, nur das Zittern in den Knien“. Immer wieder sind sehr liebevolle, menschenverbindende Momente zu finden. „Wenn man sich nahe kommt, ist es eine tolle Sache, dass wir befähigt sind, uns auszutauschen. Oft aber leider auch nicht. Die Miss-Kommunikation ist ein Grund dafür, dass so viel Scheiße stattfindet…“
Rezension (© Deutsch in Bildern)
Sind Liedermacher nicht schon immer Independent-Musiker gewesen? Wenn dem so wäre, wäre Ralph Schüller zweifelsohne deren radikalisierte Form. Er ist so verdammt anders, kunstvoll, sperrig, feinfühlend, anachronistisch. Letzteres besonders. Wer käme auch auf den Gedanken, im Zeitalter eines kurzfrequentierten Musikkonsums eine Doppel-CD mit deutschsprachiger Musik zu publizieren? Wer würde auch im Zeitalter ausgeklügelter Produktionsstrategien die Instrumentierung der 70er Jahre zitieren? Und wer käme auf den Gedanken, 18 Stücke einzuspielen, die jedes für sich ein flüchtiges Neben-bei ausschließen. Das hat mit Haltung zu tun. Mit Mut. Und mit Eigenwillen. Wer das für eine rhetorische Finte hält, sollte sich nur „Trödeln“ (erster Anspieltipp) anhören. Was für eine zauberhafte Hymne auf die Entschleunigung in dieser zerrissenen, wie irre geschleuderten Welt.
Eigensinn wäre also das mindeste, was man Ralph Schüller zubilligen könnte. Aber das ist zu wenig. Die beiden Silberlinge sind wundervoll. Und bunt. Und sie verweigern sich ei-nem geraden Weg. Das war schon immer so. Ralph Schüller schert sich nicht um Mainstream. Er skizziert mit einer außergewöhnlichen Bildersprache Melancholie und Zweifel und Sentimentalität. Dass er dabei Mosaiksteine (s)einer Ostsozialisation nutzt, etwa in „Du bist 15“ (zweiter Anspieltipp), macht diese Musik noch persönlicher. Und dazu kommt ein Booklet, das seinesgleichen sucht. Kunstvoll waren und sind die CD-Beilagen bei Ralph Schüller schon immer gewesen: Wimmelbilder für aufmerksame Betrachter. Um nur ein Beispiel anzudeuten: Das Cover zitiert (bewusst!) ein Bildelement aus dem letzten Release von 2017 „Sterne hoch“. Nur wo?
Und dann ist einiges neu. So sind die solistischen Ausflüge der Mitmusiker ein echter Gewinn. Wie etwa die Violine von Miko Mikulicz in „Wunschballon“ (dritter Anspieltipp) kongenial die Lyrics begleitet, ist einfach wunderbar. Oder man höre auf das Saxophon von Joe Kučera, das beinahe im Klezmer-Stil das Opener „Danke“ mitreißend pointiert. Neu ist aber auch der Humor in den Stücken. Der Reggae „Wohin das führt“ (vierter Anspieltipp) ist beispielsweise am Ende so überraschend absurd, das man einfach lachen muss. Versprochen!
Ein Fazit? Ganz einfach: Das „Danke“ muss unbedingt reziprok gebraucht werden.
© Deutsch in Bildern
Pressefotos | download (Fotos: Steffen Zacharias)
Pressefotos | download (Fotos: Dietmar Hösel)
→ Studiosession bei MDR KULTUR
Juni 2017 | Mitteldeutscher Rundfunk
von Heidi Eichenberg
Ralph Schüller: “Sterne Hoch”
„Singer/Songwriter? – Nein, aus Leipzig. Liedermacher? – Nein, nicht betroffen genug. Chanson? – Jein, auf Deutsch. Wenn jemand in Mitteldeutschland auf diesen musikalischen Pfaden auf Entdeckungsreise geht, trifft ihn früher oder später die Frage: „Kennste das neue von Ralph Schüller?“ Seit Mitte der 90er-Jahre ist der HGB-studierte Maler und Grafiker als Schüller & Band ein Begriff für zuversichtliche Melancholie, wahrhaftige Poesie und irre guten Groove. Musikalisch weltoffen und doch so beruhigend geerdet, in den wesentlichen Fragen nach dem Glück und wie man es oft knapp verfehlt, liegen manchmal das Geheimnis und der Schlüssel für neuen Lebensmut. Fünf Sterne für „Sterne hoch“. „(he)
Oktober 2017 | Mathias Schulz | NEUES DEUTSCHLAND
Poesie im Sommerkleid
Ein großer Kleinkünstler. Der Leipziger Ralph Schüller bringt mit „Sterne hoch“ ein starkes Album deutscher Liedermacherei.
„Zur Blütezeit der Fastfood-Zivilisation / Der Einheitsmeinung, der Geschmacksautomation /
Der Plastikgefühle und der High-Tech-Lust / Der Wegwerfbeziehung mit dem Einwegfrust /
Zur Zeit der Fertigträume aus der Traumfabrik / Der Mickymaus-Kultur und der Steckdosenmusik.“ Reinhard Meys Lied „Ein Stück Musik von Hand gemacht“ ist über 20 Jahre alt, der Vorliebe großer Stars, aus Konzerten bombastische Ereignisse zu machen, wird ein Bekenntnis entgegengehalten: „Da lob ich mir ein Stück Musik von Hand gemacht / Noch von einem echten Menschen mit dem Kopf erdacht.“ Der begnadete Liedermacher Ralph Schüller, Jahrgang 1968 und heute in Leipzig lebend, kennt die Eventisierung des substanziellen Zauberwesens namens Live-Konzert. Seine Sache ist dies nicht, bei seinen Konzerten liest er zwischendrin eigene kleine Texte oder Gedichte vor. Und plötzlich, sitzend in einem Leipziger Café, will er doch die großen musikalischen Massenpartys kommentieren. Schüller kramt ein kabarettistisches Meisterstück von Jonny Buchardt aus dem Jahr 1973 hervor, stattgefunden hat es auf dem Kölner Karneval. Buchardt animierte damals die Massen mit Verve: „Zicke-Zacke, Zicke-Zacke!“ Die Massen schleuderten ihm rauschhaft „Heu, Heu, Heu“ entgegen. Dann der Bruch, mitten in der Massenektase brüllte Buchardt: „Sieg!“ Was laut aus dem Publikum folgte, fängt mit „H“ an und hört mit „eil“ auf. Erzählte Alltagsgeschichten statt moralisch-ästhetischer Empörung. Das ist sein Konzept, Schüller kommt in Plauderlaune. Der gebürtige Suhler ist gelernter Elektromechaniker, schon zu DDR-Zeiten griff er zur Gitarre, das Dichten als ein notwendiges Mittel, um im Alltag nicht den utopischen Moment zu verlieren. Liedermacherei als Selbstschutz, Kunst als Mittel, um während der Armeezeit, während der ganzen „Militärscheiße“, nicht zu verblöden. Die Inspirationen kamen von Bob Dylan, Pink Floyd, Gerhard Schöne oder Hans-Eckardt Wenzel. Schüller greift zur Menthol-Zigarette und blickt zurück: „Es wird oft nur davon geredet, dass DDR-Künstler ihre Botschaften zwischen den Zeilen verstecken mussten. Dabei ist das das Wesen der Poesie, das wird dann nicht mehr gesagt.“ Heute sind Schüllers Lieder, gerade hat er seine neue Platte „Sterne hoch“ veröffentlicht, kleine Meisterwerke. Die Texte sind raffiniert, assoziativ und doppelbödig, ein mehrfaches Hören führt zu immer neuen Nuancen. Natürlich geht es um die großen Themen: Leben, Lieben, Verzweifeln, Entscheiden, Hoffen, Ankommen, Gehen und Sterben. Nie verstellt aber explizit Eindeutiges den Deutungshorizont, nie werden die Lieder zur egomanen Nabelschau, die sich der Besonderheit eigener Empfindungsfähigkeit rühmt. Oft finden sich gelungene Naturbilder, die dem Menschen ein Warum schenken. So kommt einer zum anderen, so entdeckt man Brüder im Geiste. Kein Geringerer als der Komponist und Songschreiber Danny Dziuk, der beispielsweise für Annett Louisan, Axel Prahl und Stoppok Lieder geschrieben hat, spielt und singt auf Schüllers neuer CD. Man höre den Song „Wiegen, Wickeln, Essen“, schon die ersten Zeilen sind ein Genuss: „Ein Koffer voller Leben, viel zu schwer. / Eine Bahnstation sieht den Zügen hinterher.“ Schüller, seine Band ist mittlerweile zum Sextett gereift, kann sich auf musikalisch große Kleinkünstler verlassen, Multiinstrumentalisten von 31 bis 75 Jahren spielen bei ihm Gitarre, Mandoline, Mundharmonika, Akkordeon, Ukulele, Schlagzeug, Metallophon und Saxophon. Es entsteht ein optimistisches, ein exotisch-globales, ein luftiges Sommerkleid-Klangbild, dass sich durch alle Platten zieht. Irgendwo zwischen Element of Crime und Neil Young, mitten zwischen französischen Chansons und amerikanischen Folk pendelt der dynamisch-entspannte Sound. Rhythmusideen sammelt Schüller, der auch als Maler und Grafiker arbeitet, beim Laufen, beim Radfahren. Oft ist es der Reim, der behilflich ist, einzelne Zeilenideen zum Ganzen zu führen. „Gelingt es mir, dann bekomme ich auch schon mal Gänsehaut und stoße ein buddhistisches Danke in den Nachthimmel“, so Schüller. Im Song „Sinn und Unsinn“ heißt es: „Die Nacht war so klug, / Der Morgen eher beengt. / Wie das Meer immer wieder / Alles Gute verschenkt.“ Kann man das menschliche Pendeln zwischen Idealismus und Erdenschwere poetischer präzisieren? Schüller will keine Botschaften vertonen, stimmige und metaphorische Bilder sind ihm wichtiger, sein Publikum will er über das Gefühl erreichen: „Ich mache ansonsten genügend Dinge, um in der Gesellschaft zu funktionieren.“ So ein Musiker verfeinert unsere Sinne, ein gutes Stück Musik von Hand gemacht eben. Schüller schenkt auch live erbauliche Fülle. Und das ist das Gegenteil von Sinnesbetäubung. …
Leipziger Volkszeitung
Lieder vom Glück, dem großen selbstredend
Schüller & Band versprühen heute im Klanggarten mehr Lebensmut als ein Regal voller Selbsthilfe-Psycho-Schwarten
Ralph Schüller ist HGB-studierter Maler und Grafiker. Er macht sehr lange schon die Bühnen des Landstrichs mit allerlei Musik unsicher, spielte Metal, Hardcore sogar, und mit gleicher Begeisterung auch beschwingten Folk. Seit zehn Jahren sind es nur noch eigene Lieder, die er in seinen Bands singt, einige erinnern sich eventuell noch des heißen Insidertipps „schönertag“. Seit Mitte der 90er firmiert das praktischerweise unter „Schueller & Band“, deren erste CD war vor drei Jahren ziemlich originell „Grüße aus Bad News“ benamt.
Die Bezeichnung „Liedermacher“ mag er nicht sehr, das schmeckt ihm leicht fade nach Klage und Betroffenheit, „Singer/Songwriter“ ist ihm dagegen zu amerikanesk. Auf die Frage nach den musikalischen Wegweisern befragt, fallen ohne lange Kunstpause die Namen Gundermann, Wenzel und Element of Crime. Tatsächlich beschreibt dies seine Musik recht treffend, vielleicht darf einfach mit „Chanson auf Deutsch“ etikettiert werden.
Was die Lieder des neuen Albums „Kein Entkommen“ vor allem auszeichnet, ist ihre attitüdenfreie Lockerheit, ihr erfrischend-sturer Optimismus, das freundliche Bestaunen der Welt. Schüller erkundigt sich beharrlich nach dem Glück. Dem großen selbstredend, unter dem macht er es nicht. Das Schöne daran: Wer wie er ständig auf der Suche nach ihm ist, stets mit hellwachen Sinnen und voller Dankbarkeit für die Wunder des Alltags, der findet es auch allerorten. Davon singt Ralph Schüller und verschenkt dabei weise lächelnd mehr Lebensmut als ein Regal voller Selbsthilfe-Psycho-Schwarten. Viele gute Musiker haben die Platte eingespielt, unter anderen der einschlägig bekannte Hendrik Gundlach. Der sorgte auch für Mix und Mastering, was schon mal als Garant für ein gewisses Qualitätslevel gelten darf. Das Plattenlabel heißt „dermenschistgutmusik“ und wird vom leider stadtflüchtigen Leipziger Chansonnier Johannes Kirchberg betrieben. Eine gute Heimat.
Live funktioniert die Unternehmung als Trio. Neben Thomas Laukel an verschiedensten Rhythmuserzeugern spielt Rainer Schön sein schon von der Haase-Band her bekanntes, ebenso filigranes wie einfühlsames Piano. Umsichtig legt Schön nebenbei auch noch die nötigen Basslinien aus. Beide zusammen zaubern einen ordentlichen Groove unter Schüllers Lieder, das erzeugt live richtig Druck, ohne dass die Klangtransparenz darunter leidet. Der Meister selbst entfacht auf der Bühne einen charmanten Wirbelwind aus Stegreif-Episoden, eingestreuter Lyrik und entspannter Interaktion mit dem Publikum. Er gibt Konzerte zum Wohlfühlen, malt launig bezaubernd-farbige Welten in die Luft. Ob sie das an der HGB lehren?Lars Schmidt
iDie Record Release Party findet heute Abend um 20.30 Uhr im Klanggarten (Könneritzstraße 63) statt. Der Eintritt ist frei, doch der Platz ist begrenzt! Das Schüllernetz: Band und Texte www.ralph-schueller.de; Malerei und Grafik www.ranef.de; sein Raum www.myspace.com/ralph.schueller
Ralph Schüller – Kein Entkommen – Review – 2010
Was für ein Zeitensprung. Man mag die Stubenfliegenproduktionen „ABC“ (2003) und „Grund genug“ (2004), dann die wunderbaren „Grüße aus Bad News“ (2005) staunend betrachten, fünf Jahre später gibt es „Kein Entkommen“. Es ist eben nicht einfach mehr, sondern besser, komplizierter. Auch – und das passt so gar nicht in unsere Welt – weniger aussichtslos. Optimistisch also? Na, ich wäre vorsichtig.
Der Leipziger Musiker und Geschichtenerzähler Ralph Schüller präsentiert mit seiner neuen CD dreizehn Lichter, gebrochen durch das Prisma einer wahrlich verspielten Band. Schon die musikalischen Zitate zeigen, wie vielfältig die neue Produktion geraten ist. Zwischen einem Slow Fox („Ganz dicker Fisch“) und einer Rumba mit irre genialen Quick Step- Anleihen („Unterwegs“), zwischen Walzeranspielungen („Sag mir nicht“) und Jivetakten („Alles durcheinander“) wird dem Zuhörer eine ganze Palette an Rhythmen eröffnet. Keiner wiederholt sich. Dazu kommt eine Begleitung jenseits der üblichen Konventionen.
Dass Ralph Schüller sich künstlerisch kaum festlegen mag – „Wo du ratlos in allen Schubfächern suchst“ – wer zweifelt nach dieser CD noch daran. Dass er überdies aus der Welt der Farben stammt, ergibt sich beinahe von selbst. Deshalb auch laden die Texte zum Entdecken ein. Dass Ralph Schüller immer neue und überraschend widersprüchliche Bilder sucht – und der Zuhörer dies mit Erstaunen hört, macht seine Musik – und die neue CD – zu etwas Besonderem. Die Verse scheinen versteckt politisch – verweisen aber zumeist auf das Alltägliche und sind so absurd einfach, dass man in ihnen Poesie erfährt. Man kennt die Metaphern. Aber man hat sie noch nie gehört oder gelesen. Also sieht man die Welt mit dieser Musik anders? Die Frage stellen, heißt sie beantworten.
Vielleicht auch, weil jedes Lied wie ein intimer Dialog arrangiert wurde. Das WIR ist bei Ralph Schüller immer ein DU und ein ICH. Die dritte Figur ist nur der schmetterlingshafte Beobachter (oder Zuhörer). Selten hat es beispielsweise eine so schöne Liebeserklärung gegeben, wie am Schluss dieser CD. – Gefangen!
Stefan Schneider
Marbella, im Juli 2010
Kein Entkommen – Schüller & Band
Der Titel ist Programm. Bei der neuen CD von Ralph Schüller & Band gibt es tatsächlich „Kein Entkommen“. Zunächst liegt das an Ohrwurm-Melodien, die dem Zuhörer nicht mehr aus dem Kopf gehen. „Finden wir uns“ ist so ein süchtig machendes Stück, ein besonders zärtliches Lied, in dem auch Schüllers Fromm mitsingt. Ein anderes heißt „So ein Sommer“. Es kommt wohlig lässig daher und wärmt dem Publikum gleich 6.15 Minuten lang das Herz und die Glieder.
Dabei sind die Leipziger Musiker – außer Frontmann Schüller gehören Almut Unger, Thomas Lackel, Hendrik Gundlach sowie Dr. Rainer Schön zur Formation – viel zu gut, um sich auf ein Schema einzuengen. Stattdessen spielen sie mit französischen, skandinavischen, russischen Klängen, schaffen Momente absoluter Geborgenheit und sogar mit einer Samba ungetrübtes Hörvergnügen.
„Kein Entkommen“ gilt aber nicht nur für den fesselnden Sound auf der mittlerweile vierten Schüller-Platte. Gefangen genommen wird das Publikum auch vom unbeugsamen Optimismus, den der Meister in seinen Texten versprüht. Schon im ersten Lied begegnet er dem großen Glück. Und fragt es ebenso einfühlsam wie ironisch: „Kannst Du nachts auch nicht schlafen?“ Was folgt, sind mal witzige, mal poetische Geschichten zwischen Sonnenauf- und Weltenuntergang, vom Tellerrand der Städte und Dörfer. Nur dass bei Schüller die Lebensfreude längst über die Betroffenheitsmelancholie gängiger deutschsprachiger Liedermacherei gesiegt hat. Er verspeist lieber einen ganz dicken Fisch, setzt auf ein Ja zu jedem neuen Tag. Und das legt unglaubliche Möglichkeiten frei. Die ausgerechnet 13 (!) Lieder der neuen CD pusten jede Menge Unglück weg. So viel, dass es danach „Kein Entkommen“ in alte Ängste und einen grauen Alltag mehr gibt.
Jens Rometsch
Großes Glück und kleine Gemeinheiten
Ralph Schüller und Band sind zu Besuch in Ihrer Stadt
und werden mit einem Mix aus Chanson, Rock, Jazz und Klassik
die Wangen des Publikums erwärmen.
Wunderschöne Arrangements, ausgezeichnete deutsche Texte und
immer voran Schüller, der als Philosoph, Komödiant und Romantiker
einen untypischen Blick in sehr sympathische Abgründe gibt.
Hereinspaziert!
| Pressestimmen
Leipziger Volkszeitung / Juni 2010
Lieder vom Glück, dem großen selbstredend – Schueller & Band versprühen heute im Klanggarten mehr Lebensmut als ein Regal voller Selbsthilfe-Psycho-Schwarten
PROFOLK/ August 08
„Ralph Schüller & Band“ waren das Highlight dieses Abends. Hier stimmte der Sound, seine Texte rüttelten auf und man hatte den Wunsch, noch mehr von ihm zu hören. Nebenbei bemerkt, war Ralph Schüller eines von vier PROFOLK-Mitgliedern, die auf dem diesjährigen Programm standen.“
Kommentar auf mySputnik.de von flumi / Sept 07:
„Superschöne easy-sunday-Musik, erinnert mich an Dziuks Küche, musikalisch aber feiner notiert. Eine Entdeckung!“
gundi.de / dez 05
„Und so sind auch seine Songs – kraftvoll und trotzig, wenn es um alltägliche Probleme wie die seltsamen Fernsehgewohnheiten unserer Gesellschaft und deren deutlicher Rechtsruck geht, und verspielt und leise, geht’s um seine Liebe. Wer den Preisträger der Hoyschrecke 2004 letztes Jahr solistisch gehört hat, war positiv überrascht über die musikalische Verwandlung durch die Verstärkung durch Burghard Dersch (p) und Thomas Laukel (dr). Ihre teils gefühlvollen, teils jazzig-kräftigen Unterstützungen der Titel bildeten eine gekonnte Harmonie mit den Texten von Ralph.“ [Jörg Hauswald]
SOUND-CHECK / sept 05
„… Ein bisschen Kurt Demmler ein bisschen französische Chansons…“ [Uwe Klomfass]
Sächsische Zeitung / nov 04
„Ein ganz untypischer Liedermacher – dem Klischee zufolge – ist sicherlich auch Ralph Schüller aus Leipzig… Dass unter seinem mit einem großen grünen Hanfblatt bedruckten T-Shirt so viel Lyrik steckt, hätte im ersten Moment wahrscheinlich keiner vermutet. Doch die Textzeilen wie „Wach auf, wach ein, bis der Morgen kommt und uns an alle verrät, waren der Jury den Sonderpreis wert.“
Leipziger Volkszeitung / mai 04
„…versetzte Ralph Schüller mit Liebesliedern und stoischem Gesichtsausdruck die Massen intelligent-witzig in Rage.“
www.kudi.de / nov 03
„Ralph Schueller’s music is so true and wonderful! It really moves me each
time I hear him. I do not understand the words of all the songs, but I
know the words of a few of them and they sometimes are more like poems
to me than just songs.
Vote for him!!!!!!!“ [Lena]